Bericht KWZ Rathaussturm

02.02.2013 17:02 von Holger Merwerth

Eine Wahrsagerin schaute in ihre gläserne Kugel und prophezeite Kornwestheim eine goldene Zukunft. Sie sah Oberbürgermeisterin Ursula Keck verdammt ähnlich.Foto: Christine Wid

Wenn das kein echter Rathaussturm war

Kornwestheim - Rathaussturm – das hört sich spontan und verwegen an. Aber das Spektakelchen geht nach einem strengen Ablaufplan über die Bühne. Erst wird der Narrenbaum aufgestellt, dann die Oberbürgermeisterin aufgefordert, das Feld zu räumen. Die tut dann so, als ob sie Widerstand leistet, letztlich aber entern die Narren doch das Rathaus und führen die OB ins Freie, wo die nun geltenden Regeln, die Narrografen, verkündet werden.

Am Samstag indes geriet der Ablaufplan durcheinander, weil die Narren wirklich das Rathaus stürmten. Ein wenig zumindest. Aber der Reihe nach. Punkt 16.11 Uhr überquerten die Narren mit lautem Getöse und ihrem Narrenbaum die Stuttgarter Straße. Zielsicher wurde der Stamm, am oberen Ende mit einem Tannenbaum und insgesamt mit blauen und gelben Bändern geschmückt, von den Rombala der Narren-Ober-Liga in der Halterung platziert. Und weiter ging’s vor den Haupteingang des Rathauses, wo Peter Kienzle von der Fasnetzunft und Tanja Grimm von der Freien Narrenzunft der Oberbürgermeisterin die Leviten lasen. „Mr könnt moine, es sind lauter Farbeblinde do droba im Rathaus, wie kommt sonscht a rotes Logo für das K do drumme raus.“ Kein Narr würde im roten Häs herumspringen, schimpften die Rathausstürmer. Und sie zogen über weitere lokale Themen her. Da durfte die Sanierung der Bahnhofstraße nicht fehlen. Sie sei ja – hört, hört – ganz gut gelungen. „Bis auf die Kübelespflanzen. Mit dene wird heimlich der Parkraum verunstaltet.“ Auch die Spielewelt musste herhalten. Die Stadträte, mokierte sich Peter Kienzle, würden Kornwestheim mit einem großen Monopoly-Spiel verwechseln und so arbeiten, als würden sie es mit Spielgeld zu tun haben.

Und dann erschien sie doch auf dem Rathaus – Oberbürgermeisterin Ursula Keck, verkleidet als Wahrsagerin und ausgestattet mit einer Glaskugel, die Kornwestheim eine goldene Zukunft verhieß: „Mein Blick in die Kugel brachte es denen ans Licht, diese Stadt wird in der Region ein Schwergewicht.“ George Clooney werde das K besuchen und die Bambi-Verleihung werde in Kornwestheim stattfinden. „Elvis wird auferstehen, Teenies und Omas verzücken, die Rockgeschichte wird sich von Memphis nach KWH verrücken. James Bond wird seine Blondinen in Wursters Betten entführen, dabei einen Schnellstart ins All vollführen.“ Was die Wahrsagerin noch alles prophezeite: ein Freibad, einen Zoo, eine pulsierende Innenstadt, eine Spielewelt, die schwarze Zahlen schreibt, Kornwestheim als ICE-Halt, die Olympiabewerbung. Nicht immer konnte man die Wahrsagerin sehen: Die Nebelmaschine leistete ganze Arbeit. . . Gleichwohl: Die Narren wollten das Rathaus besetzen und ließen sich auch von den obligatorischen Böllerschüssen nicht abhalten. Die Maskenträger stürmten das Rathaus, um die OB zu den Narren zu führen. Aber nicht nur die. Das gemeine Fußvolk strömte auch gleich ins Rathaus, vermutlich angezogen vom intensiven Glühweinduft aus dem Rathausfoyer. Und so mussten sie alle wieder das Rathaus verlassen – samt der Oberbürgermeisterin, die vor den Rathaustüren den Schlüssel aushändigte und sich anhören musste, welche Regeln künftig gelten sollen. So wollen die Narren, um der Entenplage im Stadtparksee Herr zu werden, im Kulturzentrum ein China-Restaurant eröffnen. Das Spezialgericht: Kornwestheimer Grünseeenten. Der Name Das K wird zugunsten von „Kulturhaus“ gestrichen. Das Rathaus soll künftig Das B heißen. B steht dabei für Bürgerverdummungsinstitut. Der Marktplatz wird drei Meter höher gelegt, um darunter genügend Parkplätze schaffen zu können, und in der Spielewelt haben die Narren für Stadträte und Verwaltungsspitze Kurse für den zweiten Bildungsweg belegt.

Und nachdem das dann auch kundgetan war, durften die Narren wirklich ins Rathaus, um sich mit Glühwein wieder aufzuwärmen.

Quelle: Kornwestheimer Zeitung vom 04.02.2013, Autor: Werner Waldner

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