"Häs-TÜV": Bericht KWZ vom 04.11.13

 

Mit dem Maskenmeister Thomas Holz hat Birgit Kiefer darüber gesprochen, wie ein Häs auszusehen hat. Herr Holz, TÜV bestanden? Ihr Häs fasnettauglich? Es ist in einem ordnungsgemässen Zustand (lacht). Aber meine Frau geht für gewöhnlich in meinem Häs, ich ja im Ornat. Wir Räte sind schliesslich bei jedem grösseren Anlass, bei Jubiläen und so weiter, immer dabei und ich gehe nur noch selten im Häs. Da ist dann schon alles in gutem Zustand. Was passiert, wenn ein Häs oder eine Larve nicht den Ansprüchen der Fasnetzunft entsprechen?

 

Dann bessern die Mitglieder aus, was beanstandet wurde. Wo nötig, wird von uns geholfen. Nicht jeder kann nähen. Also, wird niemand gleich aus dem Verkehr gezogen, und für ihn fällt die närrische Zeit aus? Nein, so streng sind wir nicht. Der Häs-TÜV ist vor allem ein Angebot, das hilft, dass unsere Mitglieder sich sicher sein können, dass mit ihrem Häs alles in Ordnung ist. So verhindern wir, dass vielleicht erst während der Kampagne auffällt, dass ein Fuchsschwanz gebrochen ist oder Strickle fehlen. Wir wollen ja ein einheitliches Bild abgeben, da ziehen alle an einem Strang. Das ist im Interesse aller. Jetzt ist noch Zeit, um in Ruhe Ausbesserungen zu machen, so dass der Auftritt dem entspricht, womit wir beim Landesverband Württembergischer Karnevalisten gemeldet sind. Ich kann mir also nicht einfach etwas nähen, was Ihren Häsern ähnlich kommt und mitmarschieren? Wie werde ich denn ein Garbenstrickle oder ein Früchtle?

 

Wir haben da schon sehr genaue Vorgaben. Wer aber mit unseren Schnittmustern ein Häs nähen kann, dem steht das frei. Die Larven fertigt alle unser Ehrenmaskenmeister Walter Scholz. Das sorgt für Einheitlichkeit. Wer sich uns anschliessen möchte, muss nur einen Antrag stellen, der zum Maskenrat kommt. Wir haben kostenlose Leih-Häs in unserem Fundus, also kann normalerweise sofort eingestiegen werden. Wer nicht gleich Häs tragen möchte, ist auch mit dem Bauernkittel gut bedient. Wieviel kostet denn so ein Häs? Und wie oft kommt es durch den TÜV? Wir haben hier Häs, die noch aus der Gründerzeit stammen. Der Stoff hatte gute Qualität, da muss dann nur hier oder da mal etwas ausgebessert werden. Die eigene Ausstattung kostet zwischen 700 und 1.500 Euro. Strickle kommen günstiger weg. Häs und Larve für die Früchtle ist teurer.

 

 

 

Was der TÜV fürs Auto ist, ist allgemein bekannt. Aber es gibt ihn auch fürs Häs – und so kennen ihn nur Eingeweihte bei der Fasnetzunft. Von Birgit Kiefer

 

„Tja, das ist halt net so lustig bei uns“ verkündet Susanne Killgus, Häsmeisterin bei der Fasnetzunft ,und grinst schelmisch. Dabei geht es in den Räumen der Narren im alten Casino alles in allem locker zu. Es wird gemütlich gefrühstückt und geblödelt. Die Häsmeisterin inspiziert derweil eines der blau-gelben Gewänder und überprüft, ob alles seine Ordnung hat.

Der Hinweis von Killgus auf eine „lange Mängelliste“ bei einem Häs wird mit einem Grinsen entgegengenommen: Häs-TÜV ist eben doch noch etwas anderes, als die gesetzlich vorgeschriebene Kontrolle des fahrbaren Untersatzes. Der Häs-TÜV ist ein soziales Ereignis und das erste Anzeichen dafür, dass die närrische Zeit mit grossen Schritten naht. Bei den Umzügen wird es wieder hoch hergehen. Kleinere Unfälle sind kaum zu verhindern: Mal stossen die Hästräger mit den Larven, also den Holzmasken, aneinander, und – schwupps – ist eine Macke im Lack. Mal bleiben sie beim traditionellen Narrenmarsch mit ihren Strickle irgendwo hängen, und schon ist es passiert. Ein Strickle von vorgeschriebenen sieben ist perdu.

So mancher Mangel stellt sich aber auch einfach über die Jahre ein: Die Hanfhaare verfilzen und müssen immer mal wieder vorsichtig in Form gebracht werden. Maskenmeister Thomas Holz machts vor: Er entwirrt sie ein wenig, zupft sie zurecht, „und jetzt müsste noch mit einem feinen Kamm durchgegangen werden“. Das ganze Konfetti bekommt er aber im Schnelldurchgang nicht aus den Strähnen aus Hanf. Weitere Probleme: Farben bleichen aus, Nähte gehen auf, Schellen fallen ab, weil das Lederband spröde wird und reisst, aus den Stoff aufgemalte Ähren blättern ab. „das sind alles Naturmaterialien“, erklärt Holz. Nichts halte ewig.

Jedes Häs und jede Maske wurde individuell für ein Fasnetzunft-Mitglied hergestellt und muss im Laufe eines Narrenlebens schon auch mal ausgetauscht oder angepasst werden. Die Vorgaben sind streng: Der Verein hat erst kürzlich nach einigem Hin und Her vom Landesverband Württembergischer Karneval das Okay dafür bekommen, dass die Overalls, die nur über einen Reissverschluss von der Brust bis zum Schritt verfügten, für die Damen abgeändert werden dürfen., so dass diese sich nicht bei jeder Pinkelpause komplett ihres Häses entledigen müssen. „Wir haben ja eine genaue Beschreibung abgegeben, wie die Häser aussehen“, erläutert Holz. Der einheitliche Auftritt sei eben wichtig. Mit Turnschuh-Hexen will man hier nicht in einen Topf geworfen werden.

Holger Merwerth, der für die Fasnetzunft die Pressearbeit macht, wohnt dem Häs-TÜV entspannt bei: Sein Häs ist noch so neu, dass er es – wie bei einem Neuwagen – gar nicht erst präsentieren braucht. Ihn treibt aber etwas anderes um: Die Narren nutzen die gemütliche Zusammenkunft, um gleich noch den Kornwestheimer Narrenmarsch einzuüben. Der getragene Sprung – mit rechts und links im steten Wechsel – ist zwar nocht recht einfach. Dazu werden aber in der Gruppe verschiedene Formen getanzt: im Kreis, als Mühle, in Reihen. Das erfordert Erfahrung. Mehrwerth kommt – wie einige seiner männlichen Kollegen – ganz schön ins Schwitzen. Mal erfolgt der Sprung jeweils genau mit dem falschen Bein, mal herrscht Verwirrung über die Richtung der Drehung. „Uff, da zeigen sich konditionelle Schwächen“, gesteht ein Herr lautstark ein. Noch mehrfach werden die Hästräger gemeinsam üben, bis der Narrenmarsch funktioniert. Dann steht dem grossen Auftritt nicht mehr viel im Wege. Das einzige, was dann noch schiefgehen kann, ist, dass ein Handschuh fehlt, oder das Halstuch. „Aber für den Fall haben wir immer Ersatz parat“, betont Holz. Und Häs oder Larve vergessen – so närrisch ist kein Narr.

 

Quelle: Kornwestheimer Zeitung vom 04.11.2013, Seite VI