Die Lokalpolitik aufs Korn genommen

22.01.2018 13:20 von ITS-Schmidt

Die Lokalpolitik aufs Korn genommen

Kornwestheim Die Narren haben das Rathaus gestürmt. Prinzessin Franziska I. übernimmt das Regiment und verkündet die nun geltenden Narrografen.

Die Gegenwehr von Oberbürgermeisterin Ursula Keck hielt sich in Grenzen: Vielleicht hatte sie ja Mitleid mit den Narren, die im strömenden Regen ihren Narrenbaum vorm Rathaus aufgestellt und zum Sturm auf die Verwaltungszentrale geblasen hatten.

Als Hofnarr hatte sich Ursula Keck in diesem Jahr verkleidet. Vom Rathausbalkon verfolgte sie das Geschehen und kommentierte es bissig. Ob der Bauhof kommen und den Rombala beim Aufstellen des Narrenbaumes helfen solle, fragte sie. „Dann geht’s ein bisschen schneller.“ Dass dann allerdings auch Kosten auf die Narren zukommen würden, das verschwieg die OB geflissentlich. Markus Kämmle, Zunftrat von der Fasnet-Zunft, der sich in diesem Jahr das launige und gereimte Rededuell mit der das Rathaus verteidigenden OB lieferte, hatte das aber sehr wohl auf dem Schirm und auf dem Zettel:„Dann sind da noch die ständigen Erhöhungen der Kosten und Gebühren,für jede Veranstaltung müssen wir irgendwelche Gelder an euch abführen.Vermutlich müssen wir dies’ Jahr für dieses Event auch noch blechen.Mir hän nix – koi Geld, mir können nicht zahlen die Zechen.“

Themen aus der Lokalpolitik bestimmten die gereimte Plauderei zwischen Kämmle und Keck. Der Zunftrat der Fasnet-Zunft kritisierte, dass in Kornwestheim so viel abgerissen wird. „Aufbruch wäre den Bürgern viel lieber.“ Natürlich durfte auch die Kinderwelt nicht fehlen. „Spaßmacher aus dem Rathaus“ seien kein Garant für einen Erfolg. Der Zustand der Innenstadt („atmosphärisch wie im Mittelalter“) war ebenso ein Thema wie die fehlenden Veranstaltungen auf dem Holzgrundplatz:

„Veranstaltungen wie bunte Märkte gestaltet mit Fantasiesind leider Fehlanzeigen: Im Mittelalter gab’s die, doch hier leider nie.Von modernem Shared space kann nicht die Rede sein.Der Wochenmarkt kommt nicht in die Stadt, die Autofahrer bleiben allein.“

Oberbürgermeisterin Ursula Keck ihrerseits warf den Narren vor, dass wegen ihrer Fehlplanung der Umzug ausfalle, und nicht, weil die Stadt dafür kein Geld zur Verfügung stelle. Auch sie ging auf die vielen Baustellen ein:„In dem Flecka hier wird überäll baut und renoviert,sodass es euch – ihr Leut’, in Zukunft au no guat geht.“ Warnschüsse von der Kornwestheimer Schützengilde, die die Stadt wie immer für die Verteidigung des Rathauses verpflichtet hatte, und ein Bonbonhagel vermochten den Sturm der Narren nicht verhindern. Die Oberbürgermeisterin ergab sich der Übermacht der Faschingsfreunde und schwenkte die weiße Flagge.

Und die drückten die eigens gebaute Holztür ein, und mit Tanzgarden und Guggenmusik zogen die Narren ins Rathaus ein, wo im Foyer Glühwein und Kinderpunsch ausgeschenkt wurden. Und dort war’s dann auch viel gemütlicher als im Regen vorm Rathaus.

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Die Lokalpolitik aufs Korn genommen, Kornwestheim Zeitung , 22.01.2018 - Werner Waldner

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